RESPECT CYCLISTS Monats−Fahrraddemo

Rede von Benjamin (ADFC Mitte) vor dem Bundesministerium für Verkehr und Digitales

Hallo, dankeschön dass ihr auch bei dem Regen da seid.

So ganz kurz, bevor wir zu Herrn Wissing kommen, bleiben wir kurz ein bisschen bei Berlin. Wir haben vorher schon ein bisschen zu Frau Schreiner gehört und wir haben ja sehr viel zusammen demonstriert im letzten Jahr und es hat sich ja trotz allem so ein bisschen was getan. Man muss auch einfach mal Danke sagen. Es sind zum Beispiel in Mitte so ein paar Fahrradstraßen entstanden. Die Tucholskystraße ist entstanden, das Märkische Ufer ist entstanden, und jetzt habe ich heute gehört die Wallstraße ist auch fertiggestellt. Da muss man auch mal sagen: „Danke Manja Schreiner!“

*Protest und Gelächter*

Ja, ihr habt Recht. Aprilscherze zwei Tage später kommen nicht an, merk ich gerade.

*Noch mehr Gelächter*

Ja gut, zum Glück waren nicht die Fahrradstraßen der Aprilscherz, die gibt’s tatsächlich aber dafür hat Manja Schreiner nicht viel gemacht. Danke Almut Neumann, vielen vielen Dank für das, was DU geschafft hast!

Da kommt jetzt aber auch so ein bisschen das weinende Auge: Almut Neumann wird uns leider als Bezirkstadträtin verlassen, beziehungsweise hat uns schon verlassen. Allerdings muss ich auch sagen verdient. Wer’s in den letzten Monaten gesehen hat, sie ist hoch­schwanger, sie erwartet ein Kind und hat sich nun die Zeit genommen, sich auf die Familien­planung zu konzentrieren und bei dem, was sie geleistet hat: Verdient! Alles Gute von uns und viel Glück mit der Familie!

*Applaus und Klingeln*

Wer in der letzten Woche auf der Demo bzgl. der Grunewaldstraße war, auch da gibt es gute Neuigkeiten von der zweiten starken Frau in der Bezirkspolitik, Saskia Ellenbeck: die Grunewaldstraße wird kommen. Sie haben sich mit dem Senat endlich zu einer Lösung durchgerungen, die nicht darin besteht nur Parkplätze zu erhalten. So viel zur Berliner Politik.

Damit wechseln wir in die Bundespolitik. Wir stehen hier vor Herrn Wissing, bzw. dem Ministerium für Verkehr, und digitale Infrastruktur und was da sonst noch so dran hängt. Es war früher lange Jahre in der Hand der CDU bzw. CSU. Ich erinnere nur an Herrn Scheuer, der uns verlassen hat. Es ist ein missglückter Aprilscherz, dass er sich zum 01.04. aus dem Bundestag zurückgezogen hat. Er hat damals z.B. gesagt, "das ist ein guter Tag für die Fahrradfahrer, wir haben jetzt die neue StVO am Start und damit wird alles sicherer."

*Jubel und Lachen*

Und dann ist jemandem der Zitierfehler aufgefallen. Damit wurde dann nicht sehr viel besser. Außer diese komische Luftpumpe da hinten auf dem Parkplatz. Da gibts so 'ne tolle Luftpumpe, die sogar so toll ist, dass sie noch nicht einmal eine Druckanzeige hat. Das fasst die Politik der CSU und Herrn Scheuer bzgl. des Radverkehrs sehr gut zusammen. Und dann kam Herr Wissing und wir alle dachten sehr lange: „Jetzt wird's besser.“ Auch bei mir ist da leider die Enttäuschung groß. Und nachdem jetzt die CDU auf Bundesebene gegen den Haushalt geklagt hat, hat es auch das Verkehrsministerium getroffen. Und jetzt dürft ihr mal raten, wo man als erstes die Schere angesetzt hat. Richtig, beim Radverkehr! Wir hätten ja nicht noch andere Projekte gehabt, wie z.B. den Weiter­bau der A100 oder die Dieselsubvention oder das Tempolimit. Weil das Zweite, was Herr Wissing auch verpasst, sind die Klimaziele. Bzw. es ist sogar sein Ministerium, welches sie am deutlichsten verpasst. Auch da, muss ich sagen, ist die Enttäuschung groß! Ich habe nachgedacht die letzten Tage, was könnte man denn noch zu Herrn Wissing sagen? Besser hätte die Steilvorlage nicht sein können. Wisst ihr, was DIE Lösung für den Verkehr ist?

*„FLUGTAXIS!“ schallt es aus der Menge*

Genau Flugtaxis. Nachdem die CDU in Berlin von Magnetschwebebahnen, also dem Transrapid, geträumt hat, ist Herr Wissing jetzt wieder beim Cargolifter. Nur halt mit Personen. Jetzt stellt euch mal vor, die Dinger sollen ja normale Taxis ersetzen, eine Ebene über den Autos ist ja noch ne freie Ebene. Da kann ja auch noch jemand hin. Die müssen starten und landen. Bisher haben wir noch keine technischen Möglichkeiten, dass das sehr ruhig vonstatten geht. Wir kennen das von Helikoptern neben Krankenhäusern. Die sind tierisch laut. Hinzu kommt die Luftver­wirbelung in Form von Wind, der nicht angenehm ist. Wir werden für diese Lösung, für die - man halte sich fest - 150 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden, kein Szenario haben, bei dem das wie bisher on demand passiert. Sondern man wird irgendwo feste Start- und Landepunkte haben.

Für den Radverkehr hat man kein Geld übrig, aber 150 Millionen Euro für Flugtaxis. Da diese Lösung für die Innenstadt zu laut sein wird, werden diese irgendwo weiter draußen sein. Das nächste was man merken wird: Starten und Landen kostet beim Flugtaxi am meisten Energie. Am Ende machen wir die buchbaren Strecken länger. Die Kurzstrecken, die bisher die Taxis abdecken, betreiben wir mit Fluxtaxis also schon mal nicht. Dazu sind die Startpunkte sehr weit draußen und wir brauchen für Starten und Landen viel Energie, das ganze wird billiger, wenn wir damit mehr Leute transportieren. Hmm. Startplätze weit draußen, viele Leute drinnen. Irgendwie haben wir gerade das Flugzeug und Flughäfen neu erfunden.

*Gelächter*

Jetzt könnte noch jemand Pfiffiges auf die Idee kommen, „Starten, Landen, alles energie­aufwändig, teuer. Das streichen wir. Da machen wir Räder drunter.“ Und um nochmal Energie zu sparen, weil wir wollen ja unsere Klimaziele erreichen, machen wir da so Gleise drunter. Wir haben also nochmal die Bahn neu erfunden. Das haben wir bereits, auch in die Bahn könnte man viel mehr Geld investieren. Aber man gibt diese 150 Millionen lieber für Flugtaxis aus. Und statt auch nur im Ansatz in umweltfreundliche Verkehrsformen wie mehr Radverkehr zu investieren, reden wir daneben noch über eFuels. Von Wirkungsgraden hat die FDP einfach noch nichts gehört.

Herr Wissing! Wir haben klare Forderungen:

1. Bauen Sie die Infrastruktur für den Radverkehr aus! Es bringt nichts nur Innenstädte auszubauen. Die Leute wollen auch aus der Innenstadt ins Umland raus. Auch über Land braucht es gute und sichere Radwege!

2. Schützen Sie die Schwächsten im Straßenverkehr! Vor ein paar Jahren gab es so einen Hauch von Versuch dies zu tun. Und zwar für neue typzugelassene LKW soll ein Abbiege­assistent verpflichtend sein. Diese Assistenten sind gut. Sie gelten aber nur für neu typzugelassene LKW. Das heißt, wenn ich mir jetzt einen nigelnagelneuen Actros kaufe, das Modell gibt es seit zig Jahren, dann braucht dies keinen Abbiege­assistenten. Denn es ist kein neuer Typ LKW. Bis wir diese Assistenten flächendeckend im Straßenland sehen, wird es 10 vielleicht sogar 20 Jahre dauern. Das ist viel zu lange! Das muss auf den Fahrzeugbestand ausgeweitet werden. Und die Assistenten funktionieren i.d.R. auch nur so, dass da mal eine Lampe leuchtet oder der Sitz vibriert. Und meistens auch nur dann, wenn geblinkt wird. Das ist zu wenig! Wir haben tödliche Verkehrsunfälle mit Fahrzeugen mit Assistent gehabt, z.B. mit einem Bus der BVG, der Fahrer hat nur leider nicht geblinkt. Am Ende wurde die Frau auf dem Fahrrad überrollt und ist ihren schweren Verletzungen erlegen. Was wir zu dieser Technik brauchen - zwingend! - sind Notstop-Assistenten, welche die Kollision erkennen und aktiv anhalten. Ohne, dass der Fahrer selbst eingreifen muss.

*Zustimmendes Klingeln*

Diese Technik gibt es bereits. Auch von deutschen Herstellern. Sie benutzten zum Großteil bereits verbaute Technik, wie z.B. Abstands­radare welche die meisten Firmen sowieso bereits verbaut haben. Sie benutzen die Technik aktuell um Sprit und damit Geld zu sparen. Das fehlende Zusatzmodul kostet um die 1000 Euro. Runden wir es infla­tions­bedingt auf 2000 Euro auf. Das ist der Preis eines Menschen­lebens. Herr Wissing! Das muss verpflichtend sein! Und für alle Fahrzeuge, bei denen wir nur von der Nachrüstung des Zusatzmoduls reden, auch für Bestandsfahrzeuge! Am Ende schützt dieses Leben. Vielleicht auch mal das Ihrer Familie.

3. Auch wenn es nicht direkt viel mit Radverkehr zu tun hat: Führen Sie ein Tempolimit auf Autobahnen ein! Das sind Ihre low hangig fruits, um die Klimaziele zu erreichen. Das können Sie HEUTE ändern. Und wenn es wieder heißt „Aber dafür haben wir keine Schilder.“, dann dauert es halt ein halbes Jahr bis alle hängen. Hinzu kommt, wir können in dem Zuge auch das Einführen von Tempo 30 in Städten erlauben. Das würde massiv zur Verkehrssicherheit für die schwächsten Gruppen im Straßenverkehr beitragen.

Und ich glaube das Aufgaben­bündel reicht. Damit sind Sie schon ordentlich beschäftigt. Da muss man nicht noch einen draufsetzen. Und damit: danke, dass ihr alle hier wart. Ich wünsche euch eine schöne und vor allem sichere Heimfahrt.